Geschichten aus dem Bergsommer

Die Sterne vom Himmel holen

Selbst die mächtigsten Gipfel der Alpen wirken nach Sonnenuntergang plötzlich winzig klein. Denn die Nacht offenbart das wahrscheinlich imposanteste  Naturschauspiel des Zillertals: den Sternenhimmel.

Da, war da nicht eben eine? Ja, und dann gleich noch eine, ganz hell und deutlich zu sehen! Sternschnuppen gehören zweifellos zu den schönsten Phänomenen am Nachthimmel. Und wer daran glaubt, dass man sich bei ihrem Anblick etwas wünschen darf, sollte beim Sommerurlaub im Zillertal eines besser nicht sein: wunschlos glücklich. Früher dachten die Menschen, die Lichtstreifen am Himmel wären der „Putzabfall“ der Sterne. „Schnuppe“ heißt nämlich das abgebrannte Ende eines Kerzendochts, der beim Kürzen oft noch glühend zu Boden fiel. Heute wissen wir, dass Sternschnuppen winzige Gesteinskörner aus dem Weltraum sind, die in die Erd-atmosphäre eintreten und beim Verglühen kurz aufleuchten. 

Bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde

Besonders viele der Minimeteore lassen sich Jahr für Jahr Mitte August beobachten, wenn der sogenannte Perseidenschauer seinen Höhepunkt erreicht. Spezielle Ausrüstung benötigt man dafür keine, aber einen guten Beobachtungspunkt: mit Rundumblick in den Himmel, weit weg von den Lichtern der Großstadt. Im Zillertal sind die Bedingungen für Sternschnuppenjäger also ideal – vor allem in klaren und wolkenfreien Nächten.

„Drei Stunden nach 
Sonnenuntergang reicht  
der Blick besonders tief  
in die Milchstraße.“

Gute Nacht in der Höh'

Das Zillertal ist bekannt für seinen dunklen Nachthimmel und die geringe Lichtverschmutzung, was es zu einem beliebten Ziel für Sternenbeobachtung und Astrofotografie macht. Wer beim „Sterneschauen“ dem Himmel so nah wie möglich sein will, hat die Möglichkeit, am Berg zu übernachten, wofür sich eine Vielzahl an Schutzhütten empfehlen. Diese hochalpinen Hütten bieten Wanderern gemütliche Unterkunft und köstliche Verpflegung. Nach Einbruch der Dunkelheit kann man von hier aus einen spektakulären Blick tief hinein in die Unendlichkeit der Milchstraße werfen. Drei Stunden nach Sonnenuntergang ist es übrigens am dunkelsten.

Viel weiter kommen die Eltern in ihren Ausführungen allerdings nicht – Florians Rufen unterbricht: „Papa! Mama! Schau! Warum hängt dieser Wasserhahn in der Luft?“ Tatsächlich sieht es so aus, als würde er auf seinem eigenen Wasserstrahl schweben. Dass dies nichts mit Magie, sondern vielmehr mit einer unsichtbaren Glassäule zu tun hat, müssen die Eltern gar nicht erst erklären, Sarah ist schon selbst dahintergekommen, und das kindliche Trio ist bereits einem weiteren Wunder auf der Spur.

Bergfeuer mit Symbolkraft

Ein anderes leuchtendes Spektakel kann man beobachten, wenn der längste Tag auf die kürzeste Nacht trifft: Hoch oben werden Bergfeuer entzündet, oft in speziellen Mustern oder Formen – ein mittelalterlicher Brauch zur Begrüßung des Sommers, der nichts von seiner Magie verloren hat. Mancherorts sieht man auch Herz-Jesu-Feuer in Form von Herzen oder Kreuzen. Das geht auf das Jahr 1796 zurück, als der Krieg gegen Napoleon das Land Tirol traf. Um mit den entfernten Landsleuten zu kommunizieren, wurden an bestimmen Gipfeln Signalfeuer entfacht. Alle Feuer haben heute eines gemeinsam: Sie werden nur durch Fachleute entzündet.

Bilder: Christoph Johann, Flo Smith, Thomas Pfister, Tom Klocker
Zillertal Ganzjahresmagazin 2024

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