Geschichten aus dem Bergsommer
Höhlentrekking
Die Spannagelhöhle am Hintertuxer Gletscher ist faszinierend, spannend, geheimnisvoll. Und für alle Wagemutigen, die sich durch die engen Schluchten bewegen, ein unvergessliches Klettererlebnis.
Es ist eng, kalt, dunkel. Von der Decke fallen Wassertropfen. Sie perlen an der imprägnierten Oberfläche meines Anoraks ab und fallen in den Schacht unter meinen Füßen. Ich blicke ihnen nach, zähle die Sekunden bis zum Aufschlag. 21 … 22 … platsch. Rund 20 Meter muss es da hinabgehen. Dort unten ist es vermutlich noch dunkler und feuchter als hier oben. Oben ist der ÖTK-Schacht, der größte Schacht der Zillertaler Spannagelhöhle, unten ist ein verzweigtes System an Canyons und kleinen Tunnelgängen, das in die Hermann Gaun Halle mündet – Ziel unseres heutigen Tunneltrekkings. Aber bevor man überhaupt im ÖTK-Schacht steht, muss man erst einmal hinauf zum Hintertuxer Gletscher. Und das geht am besten mit der Bergbahn. Die führt einen binnen weniger Minuten von Tux im Tal nach oben zur Bergstation auf über 2.000 Meter Höhe. Von hier sind es bloß ein paar Schritte hinunter zum Spannagelhaus, dem Eingang zur höchstgelegenen Marmorhöhle Europas. Eine Trekkingtour fühlt sich ein bisschen so an, als wäre man Teil eines Suchtrupps aus längst vergessenen Zeiten. Mit unserer dicken Arbeitskluft, den gelben Stirnlampen auf den Helmen und den wasserdichten Schuhen an den Füßen haben wir schon ein wenig Ähnlichkeit mit goldsuchenden Bergarbeitern. Nur dass wir keine Spitzhacken tragen und wohl auch keine Edelsteine finden werden. Aufgeregt sind wir trotzdem, weil eben keiner von uns genau weiß, was uns in der Höhle erwarten wird.
Außer Christoph, unserem drahtigen Guide aus dem Tuxertal, den mit der Spannagelhöhle eine langjährige Beziehung verbindet: Seit über zwanzig Jahren arbeitet er als Höhlenführer, unzähligen Gästen hat er im Laufe der Jahre die großen Hallen, engen Schächte und die kleinen Gänge der Höhle gezeigt. Es gibt also keinen, der die knapp 13 Kilometer lange Spannagelhöhle besser kennt als er. Wir steigen die Steintreppen zum Höhleneingang hinab, schlängeln uns durch einen schmalen Gang und betreten die Schauhöhle: In dem rund 500 Meter großen Bereich finden die Höhlenführungen statt. Hier begleitet Christoph die Gäste durch das beeindruckende Labyrinth aus geologischen Besonderheiten wie Tropfsteinen und Marmoreinschlüssen. Wir wollen uns heute aber noch viel weiter in die unterirdischen Höhlengänge wagen und folgen Christoph über die Hängebrücke in der „Halle der Vereinigung“. Die Deckenbeleuchtung wird zunehmend schwächer, und beim „Postkastl“, einem markanten Einschnitt in der Wand, klettern wir linker Hand in den „Kolkgang“. Nun heißt es Stirnlampen anschalten und hinab in die Dunkelheit.
Seit 1964 steht die Spannagelhöhle unter Denkmalschutz, sagt Christoph, als wir den Hannes Jodel Dom betreten – eine kubisch anmutende Halle aus Stein und Fels, die nach ihrem Erforscher benannt wurde. Christoph gibt einen Jodler zum Besten, der Klang seiner Stimme hallt durch den Raum und verliert sich in den Gängen hinter uns. Wir klettern weiter voran und hängen uns mit den Karabinerndes Klettersteig-Sets in ein Drahtseil ein. Wir steigen immer tiefer hinab in das Höhlensystem, bis wir schließlich den ÖTK-Schacht unter uns erblicken. Christoph legt den Rucksack ab und knüpft an seine Erzählung an. „Vermutlich wurde die Höhle zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckt“, sagt er und reicht warmen Tee aus seiner Thermoskanne. Aber erst in den 1970er-Jahren wurde die Höhle unterhalb eingehend erforscht, und seit 1994 werden geführte Touren durch die 150 Millionen Jahre alte Marmorschicht angeboten.
Der Tee wird wieder eingepackt, der Rucksack geschultert, die Karabiner erneut eingehängt, und neugierig steigen wir die 25 Meter lange Eisenleiter hinunter in den Schacht. Unten angekommen, klettern wir über große Steinstufen und kleine Geröllberge hinweg. Einmal müssen wir uns kurz unter einem Felsdach hinwegducken, dann öffnet sich der Raum, über unseren Köpfen erhebt sich die mächtige „Hermann Gaun Halle“: An den Wänden sind hellbraune Marmoradern zu erkennen, am Boden ragen Tropfsteine aus dem Gestein, und direkt vor uns zeigt Christoph auf ein herzförmiges Becken: eine Gletschermühle. Ein etwa drei Meter tiefes Loch, in dem sich das Wasser des Höhlenbachs seit Tausenden von Jahren sammelt. Wir sind nun gut 120 Höhenmeter unter dem Höhleneingang.
Auf allen vieren. Viel tiefer steigen wir nicht ab, sagt Christoph, aber ein bisschen enger wird es schon noch. Und keine fünf Minuten später zwängen wir uns auf allen vieren durch eine röhrenförmige Engstelle. Man muss schon den Bauch einziehen, um sich durch den schmalen Tunnelgang zu wälzen – ein lustiges Unterfangen, sofern man frei von Platzangst ist. Nach ein paar Minuten des Krabbelns öffnen sich die Gesteinswände wieder, und wir erreichen die „Spreizschlucht“, einen drahtseilversicherten Tunnelgang ohne Boden. Ich stemme mich mit den Füßen links und rechts an die Kalkwände, hänge das Klettersteig-Set zweimal ein und aus – unter mir das schwarze Nichts. Am Ende der Kletterstelle wartet die „Schläferhalle“, die den einstigen Höhlenforschern als Biwakplatz diente. Auch wir legen hier eine Pause ein, ehe es zurück nach oben geht. Über eine luftige Klettersteigpassage steigen wir wieder zum Kolkgang empor und folgen dem Drahtseil in Richtung Ausgang. Am Ende des Tunnels hat Christoph dann noch ein letztes effektvolles Überraschungsmoment für uns geplant. Für einen kurzen Augenblick schalten wir unsere Stirnlampen aus und folgen allein unserer Intuition durch den finsteren Gang. Es ist ein klein wenig beängstigend, auf diese Weise durch das Dunkel zu tappen, aber unglaublich spannend zugleich. Weil man so eine Erfahrung der vollkommenen Finsternis eben nicht alle Tage macht. Und genau dafür steht das Höhlenerlebnis unter dem Spannagelhaus: Es ist ein Abenteuer im Dunkeln.
Bild: Bernhard Huber und Text: Robert Maruna
Zillertal Magazin Ausgabe Sommer 2021
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